
Feucht und auchein bisschen fröhlich
SEEN Zum zweiten Mal in Folge meinte es der Himmel nicht gut mit der Dorfet in Seen. Die vielen Freiwilligen und auch einige Gäste trotzten dem Regen, so gut es ging.
«Hier war es, hier ist sie letztes Jahr gestürzt.» Die drei älteren Damen stehen vor der Minirennbahn der Ludothek an der Seenerstrasse, wo ein paar Knirpse im Nieselregen allerlei Gefährte ausprobieren: Trottinettvarianten, Bobbycars und so weiter. «Sie wollte beweisen, dass sie auch mit dem Roller fahren kann», setzt die erste der drei Damen ihre Erzählung fort. «Mit jeder Runde ist sie schneller geworden. Dann hat man sie nur noch fliegen gesehen.» Die drei erschaudern. «Jetzt wird mir klar, wo die Verletzungen herkamen», sagt die zweite. – «Die hatte sie ja sogar noch in den Ferien», ergänzt die dritte. Dann ziehen sie davon.
Spektakel gibt es am Sonntagmorgen an der Seemer Dorfet nur als Erzählung und Erinnerung. Der Himmel hängt tief und grau über dem Fest. Noch bleiben die dicken Tropfen aus. Aber wie lange noch? Es sei schon weniger los als in den letzten Jahren, sagt Montse Bachmann vom Rock-’n’- Roll-Club Damo. «Letztes Jahr war es auch schon schlimm.» Aber der Regen allein, der die Dorfet schon zum zweiten Mal hintereinander heimgesucht hat, erklärt nicht alles. «Es läuft einfach auch sonst viel», sagt Bachmann und nennt das Flughafenjubiläum. Immerhin: Wenn die Shows im Gang seien, fülle sich das Festzelt jeweils. Aber lukrativ ist die Dorfet für die Rock ’n’ Roller längst nicht mehr. Es gehe ums Miteinander und darum, neue Mitglieder zu gewinnen. Der Rest ist bestenfalls ein Nullsummenspiel.
Jedes Jahr weniger Leute
Ein paar Zelte weiter dieselbe Bilanz: «Wenn wir Geld auftreiben wollen, dann machen wir etwas anderes, einen Sponsorenlauf oder ein Crowdfunding», sagt Claudio Baldini, OK-Chef des Cevi Seen. «Die Leute werden jedes Jahr weniger, und die Fixkosten steigen.» Allein fünf Kühlschränke muss der Cevi unterhalten, um den Vorschriften gerecht zu werden. Jedes verwendete Lebensmittel mussten die Küchenverantwortlichen genau registrieren. Die Unterlagen füllen einen Ordner. Sogar die Kuchen, von Freiwilligen und Eltern gebacken, unterliegen der Deklarationspflicht. «Alle mussten das Rezept aufschreiben und beilegen», sagt Baldini. «Manchmal fragen wir uns, warum wir das eigentlich alles noch machen.»
Nebenan steigt ein kleiner Bub auf die Harasse. 22 Stück gilt es zu schlagen, so hoch ist der Rekord, den ein gewisser Flavio am Samstag vorgelegt hat. So hoch kommt der Kleine bei weitem nicht. Der Nieselregen macht die Harasse glitschig, nach fünf Stück ist Schluss, er fällt ins Seil. Am Freitag hatte der Cevi das Harassenstapeln aussetzen müssen, weil es so sehr geregnet hatte. Am Sonntag trotzen die Organisatoren den Bedingungen.
Ohne Gewinne geht es nicht
Trotzdem weitermachen, den Optimismus nicht verlieren, lautet das Credo für viele an dieser Dorfet. Standbetreiber Vernon Bakker sagt nur «Wetterpech» und lächelt. «Auf das Wetter haben wir Gott sei dank keinen Einfluss.» Am Samstagabend sei das Geschäft eigentlich ganz gut gelaufen, die Jugendlichen waren zahlreich da. Und einige holten sich bei Bakker ein Riesenstofftier. Die Chancen darauf seien recht gut, sagt er. «Natürlich wollen wir Geld verdienen, aber die Leute sollen auch etwas gewinnen und mit einem guten Gefühl hier weggehen.»
Unterdessen ist die Mittagszeit angebrochen, der Nieselregen hat ausgesetzt. Die Hoffnung auf einen belebten Dorfet-Sonntag lebt. Im Kaffee Pflästerli des Samaritervereins spielt der Musikverein Seen auf. Ländler. Es klingt wie immer. mcl